Daniel Przygoda
Audi, Fahrbericht

Test: Audi A4 allroad quattro – Ein Premium-Kombi fürs Grobe

Im Januar dieses Jahres präsentierte sich in Detroit der neue Audi A4 allroad quattro das erste Mal dem breiten Publikum, wo er auf der North American International Auto Show (NAIAS) Weltpremiere feierte. Bevor die robuste Ausführung des A4 Avant von der Showbühne zu den deutschen Händlern rollt, durften wir ans Steuer und schauen wie der höher gelegte Premium-Kombi mit gröberem Terrain zurechtkommt.

Auf felsigem Untergrund oder in schlammigen Matschgruben fühlen sich Geländewagen besonders wohl. Wer mit dem Auto auch mal eine Fahrt über unbefestigte Wege oder durch den Matsch wagt, nimmt für gewöhnlich am besten einen richtigen Offroader. Mehr Bodenfreiheit und Allrad sind die wichtigsten Zutaten um nicht unglücklich aufzusetzen und mit durchdrehenden Rädern seinen Ausflug ins Grüne zu bereuen. Doch wie oft kommt man in solch extreme Situationen? Und muss es gleich immer ein grobes Geländeungetüm sein? Geht es nicht auch klassisch-elegant? Wer seine „Alltagsabenteuer“ häufiger beim Befahren Feldwegen erlebt oder mal seinen Camper oder Pferdehänger von einer verregneten Wiese zieht muss, könnte Gefallen am neuen A4 allroad quattro finden. Audi verspricht mit dem Allrounder hohe Variabilität, die in einem extrovertierten Design verpackt ist.

Äußerlich unterscheidet sich der allroad durch ein paar Details, die deutlich machen, dass dieses Modell mehr kann, als nur Bordsteine in der Stadt zu bewältigen. Sofort ins Auge fallen die ausgestellten Radläufe und Seitenschweller. Damit man auch abseits befestigter Straßen voran kommt, verfügt die Karosserie über eine um 34 Millimeter erhöhte Bodenfreiheit, die zum einen durch größere Räder (Serie sind 17 Zoll) und ein längere Dämpfer erreicht werden. Sollte es untenrum dennoch mal knapp werden sollte, schützt vorne ein Unterfahrschutz aus Kunststoff.

Die höhere Bodenfreiheit im Vergleich zum A4 Avant macht noch lange keinen Geländewagen, ermöglicht aber den Einsatz außerhalb befestigter Straßen. Feldwege sind daher ein Kinderspiel für den Ingolstädter. Die Anbauteile im Offroad-Look verleihen dem Kombi ein robustes Äußeres, wirken aber dennoch nicht grob. So macht der A4 allroad quattro auch in der Stadt eine gute Figur – zumindest im gewaschenen Zustand.

Innenraum

In Sachen Materialauswahl und Qualität hat Audi wie erwartend die Messlatte hoch gelegt. Wohin man schaut und was man auch anfasst, die Verarbeitung ist exzellent und auf höchstem Niveau. Optisch gibt es keine Unterschiede zu den anderen A4-Versionen. Einzig die Interieur-Pakete für den Innenraum – sport, design oder S line – sind im A4 allroad quattro nicht verfügbar.

Auch bei der Bedienung der Fahrerassistenz- und des Multimediasystems zeigt sich Audi vorbildlich: Die Menüstruktur ist logisch ausgebaut und lenkt nicht vom Fahren ab. Gute Platzverhältnisse vorne als auch hinten, sowie bequeme Sitze mit vielfältigen Verstellmöglichkeiten zeigen weitere praktische Attribute des Mittelklasse-Kombis. Ich mit meinen 1,75 Meter habe in praktisch jedem Auto viel Platz. So war ich umso mehr erstaunt, wie gut die Sitzergonomie selbst für groß gewachsene Menschen in einem solchen Mittelklassemodell ist.

Wie beim A4 Avant beträgt auch beim A4 allroad quattro das Fassungsvermögen des Kofferraums 505 Liter. Die Heckklappe verfügt serienmäßig über einen elektrischen Antrieb – genau wie die Laderaumabdeckung, die dadurch das Beladen erleichtert. Ebenso praktisch ist der Ladeboden, der bei Bedarf gedreht werden kann. Die Kunststoffoberfläche lässt sich abwaschen. Mit umgelegter Rücksitzbank, die sich auch asymmetrisch umklappen lässt, erhält man ein maximales Ladevolumen von 1.510 Litern.

Antrieb

Motor: 2.0 TFSI 252 PS

Doch jetzt geht es erstmal recht unspektakulär los – nämlich dort, wo die meisten Kilometer aller noch so offroad-Fähigen Vehikel zurück gelegt werden – auf der Straße. In unserem Test fuhren wir den 2.0 TFSI mit 185 kW und 252 PS. Der kräftige Benziner macht eine Menge Spaß und ist angenehm ruhig. Dank der guten Aerodynamik und in Kombination mit der Akustik-Verglasung, sind die Innenraumgeräusche auch bei hohem Autobahntempo auf angenehm niedrigem Niveau.

Auch in Sachen Effizienz ist der A4 vorbildlich und das sogar mit Allradantrieb. Der Durchschnittsverbrauch auf unserer Testroute, die hauptsächlich über Landstraßen und Autobahn ging, betrug laut Bordcomputer 6,5 Liter und lag damit aus dem Level des angegebenen NEFZ-Wert, der mit 18-Zoll-Bereifung 6,6 Liter beträgt.

quattro ultra – Intelligenter und effizienter Allradantrieb

Der neue Allradantrieb quattro ultra trägt unter anderem zu den niedrigen Verbrauchswerten bei. Der A4 allroad quattro ist das erste Serienmodell, welches dieses intelligente Allradsystem erhält. Soweit es die Bedingungen zulassen, fährt das Fahrzeug mit Frotantrieb. Die Steuerungselektronik erfasst 100 Mal in der Sekunde die Fahrzustände und kann so vorrausschauend und effizient den Allradantrieb regeln. Wird also mehr Traktion benötigt, wird der Hinterachsantrieb dazugeschaltet. Hierfür schließen die zwei Kupplungen, vor der Kardanwelle und dem Hinterachsdifferential in Bruchteilen von Sekunden und ermöglichen so den bedarfsgerechten quattro-Antrieb. Durch die intelligente Steuerung  des Allradantriebs sowie den Einsatz von zwei Kupplungen im Antriebsstrang zur Hinterachse, können derart effiziente Verbrauchswerte erreicht werden.

Fahrwerk

Trotz der höheren Bodenfreiheit ist auf der Straße nichts von einem hochbeinigen oder schwammigen Fahrverhalten zu spüren. Im Gegenteil: Das Fahrwerk zeigt sich besonders ausgewogen und komfortabel. Neben dem Serienfahrwerk gibt es auch ein Fahrwerk mit Dämpferregelung, welches wir ebenfalls testen konnten. Das Fahrdynamiksystem Audi Drive Select – was auch aus anderen Modellen bekannt ist – verfügt beim A4 allroad über einen zusätzlichen Modus, der bei Offraod-Fahrten angewählt werden kann. Bei einem kleinen Abstecher in einem Steinbruch konnten wir auch die allroad-Qualitäten testen. Der Offroad-Modus passt einzelne Fahrzeugparameter wie die der Lenkung, Dämpfer, Motor und Getriebe auf die vorgewählte Fahrbahnbeschaffenheit ein. Zurück auf Asphalt wird die hohe Spreizung zwischen den einzelnen Fahrprogrammen deutlich. Der Unterschied, vor allem bei den Dämpfern zwischen den Programmen Komfort und Dynamik ist groß und zeigt die Vielseitigkeit des Fahrwerks.

Preise

Die Preise des Audi A4 allroad quattro starten bei 44.750 Euro. Damit kostet der Soft-Offroader knapp 3.400 Euro mehr als ein vergleichbarer Avant. Das ausschließlich als Kombi erhältliche Modell kommt ab diesen Sommer zu den deutschen Händlern. Zum Serienumfang gehören unter anderem 17 Zoll große Leichtmetallräder, eine elektrische Heckklappe, und Xenon-Scheinwerfer.

Bleibt letztlich die Frage, wer so ein Auto braucht?

Der A4 allroad quattro ist wahrlich nichts für die breite Masse und hat dennoch eine Daseinsberechtigung. Audi füllt damit eine kleine Lücke zwischen dem normalen Avant und den Q-Modellen aus. Schon im Vorgängermodell des A4 bot Audi ab 2009 eine allroad-Version an. Besonders interessant ist, dass der A4 sich in der allroad-Version besonders gut in Norwegen verkauft. Bei uns zulande liegt der Anteil bei 6 Prozent. Wer sich mit SUV-Modellen Q3 oder Q5 nicht anfreunden mag und lieber klassische Karosserieformen bevorzugt, findet mit dem A4 allroad quattro ein vielseitiges und praktisches Premium-Fahrzeug, dass sich auch nicht vor kleinen Ausflügen abseits befestigter Großstadtwege scheut. Und wer das ein oder andere Mal einen Hänger zieht, sollte sich den höher gelegten A4 ansehen, für den es sogar einen Anhängerassistenten gibt, mit den auch ungeübte Fahrer ihr Gespann kinderleicht über die MMI-Bedieneinheit rangieren können.

Fazit

Wer den einen oder anderen gröberen Moment auf seinen Straßen und gerne auch abseits erwartet, findet mit dem A4 allroad quattro ein vielseitiges und praktisches Fahrzeug, dass höchsten Ansprüchen in Sachen Qualität gerecht wird. Besonders beeindruckend empfand ich die zuverlässige und stimmige Abstimmung der Assistenzsysteme. Wie schon bei der Limousine und dem Avant – ich bin absolut begeistert vom neuen Audi A4.

Die Verarbeitung ist auf Premium-Level, das Design ist perfektioniert und stimmig. Auch wenn ich anfangs nicht wirklich die Sinnigkeit von beispielsweise adaptiven Tempomaten, Notbremssysteme oder Verkehrsschilderkennung verstand, bin ich nach mehreren Testfahrten mit dem neuen A4 begeistert und kann diese Assistenz-Features nur weiterempfehlen. Genau wie das hochauflösende Virtual-Cockpit. Wer braucht noch analoge Zeiger? Individuelle Anzeige, man kann alles Relevante in sein Sichtfeld bringen. Solch fortschrittliche Technik sorgt für entspanntes Fahren, mehr Sicherheit und vor allem jeder Menge Begeisterung wozu Autos mittlerweile im Stande sind. Autonomes Fahren ist nicht mehr weit.

Wer weitere Meinung lesen möchte, dem möchte ich die zwei Beiträge von Tom ans Herz legen, die er auf seiner Seite 1300ccm.de und dem offiziellen Audi-Blog veröffentlicht hat. Ein weiteres Review gibt es bei den Kollegen von Autogefühl.

Daniel Przygoda

Daniel Przygoda aus Dortmund ist im Automobilbereich als Projektingenieur und Journalist tätig. Sein beruflicher Background aus den Bereichen Forschung und Entwicklung bei verschiedenen OEMs sowie Dienstleistern mit fundiertem Fachwissen bringt er mit seiner Leidenschaft für Autos zusammen.

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