Was bei Audi mit dem Buchstaben „S“ anfängt, hat mit Sportlichkeit zu tun. So ist es auch beim neuen S4 – dem Top-Modell der A4-Baureihe. Schon die Leistungsdaten sind vielversprechend: 354 PS, null auf hundert in unter fünf Sekunden und ein Drehmoment von 500 Newtonmeter. Nach der Weltpremiere auf der letztjährigen IAA in Frankfurt hat der neue S4 es nun endlich von der Showbühne auf die Straße geschafft. Fahrbericht.
Ein Sportwagen im Business-Anzug – so beschreibt Audi die neuste Generation des S4. Und das trifft es eigentlich schon ganz gut. Ein kraftvoller Antrieb, gepaart mit hoher Funktionalität und einem zurückhaltenden Auftritt. Keine auffälligen Spoiler, Lufteinlässe oder dicke Endrohre – der S4 mag den großen Auftritt nicht. Stattdessen Understatement pur. Von außen offeriert dieser Mittelklasse-Kombi nicht, dass 456 PS in ihr stecken – zumindest nicht auf dem ersten Blick. Ob außen oder innen – es sind nur kleine Details, die ihn von einem normalen A4 unterschieden. Wirklich eindeutig sind eigentlich nur die S4-Embleme am Singleframe-Grill und an der Hecklappe. Was Schweller und Stoßfänger anbelangt, könnte es auch ein ganz normaler A4 mit S-line-Exterieur sein. Dieser Audi gibt sich ganz gentlemanlike.
Motor
Doch schauen wir zuerst was unter dem eleganten Blechkleid steckt. Zum einen wäre da der Sechszylinder TFSI-Motor mit 3 Liter Hubraum. Im Vergleich zu seinem Vorgänger erhielt der Motor ein Leistungsplus 21 PS und ein um 60 Newtonmeter erhöhtes Drehmoment. Hierfür wurde der Motor grundlegend überarbeitet. Insgesamt kamen 800 neue Einzelteile zum Einsatz. Einzig Hub und Bohrung blieben identisch.
Statt der im Vorgänger verwendeten Kompressor-Aufladung kommt in der aktuellen Generation des S4 nun ein effizienterer Abgasturbolader zum Einsatz. Ergebnis sind ein um 60 Newtonmeter erhöhtes Drehmoment sowie ein Leistungsplus von 21 PS sowie eine bessere Anfahrperformance. Durch einen ebenfalls neu konstruierten Zylinderkopf mit integriertem Abgaskrümmer und einer Gewichtsreduzierung konnten die Entwicklungsingenieure den Kraftstoffverbrauch senken. Dieser liegt nun im NEFZ bei 7,5 Litern auf 100 Kilometern. Doch in der Realität muss man sich sehr zügeln um im einstelligen Beriech zu bleiben. In Sachen Beschleunigung gibt es nämlich kein Halten mehr. Lässt man den S4 von der Leine, erreicht er die 100 km/h-Marke in 4,9 Sekunden. Abhängig vom Fahrprofil reagiert der Motor sehr spontan auf Gasannahme. Das hohe Drehmoment von 500 Newtonmeter ermöglicht zu jederzeit Sprints. Schluss ist dann bei 250 km/h, wo der Audi elektronisch abgeriegelt ist.
Getriebe
Im S4 darf man schalten lassen. Das 8-stufige Automatikgetriebe kümmert sich um die Wahl des passenden Gangs. Wer dennoch den Drang verspürt selbst einzugreifen, kann das über zwei Schaltwippen am Lenkrad tun. Warum kein DSG? Im Gegensatz zu einem Direktschaltgetriebe ermöglicht ein Automatikgetriebe ein wesentlich sportlicheres Anfahrverhalten. Außerdem kommt es besser mit dem hohen Drehmoment von bis zu 500 Newtonmeter zurecht.
quattro-Power
Der permanente Allradantrieb ist Standard beim S4 und sorgt nicht nur für mehr Sicherheit, sondern auch, dass die hohe Leistung des drehmomentstarken Motors in Traktion umgewandelt wird. Die Kraftverteilung ist mit einem Verhältnis von 40 zu 60 etwas hecklastig ausgelegt. Insgesamt zeigt sich der Audi sehr gutmütig und gibt dem Fahrer ein breites Band an Sicherheit. In schnellen Kurven verhält er sich weitestgehend neutral – zumindest, wenn man es nicht drauf anlegt.
Dynamisch: Fahrwerk und Lenkung
Im Vergleich zum Basis A4 liegt der S4 um 23 Millimeter tiefer. Das Fahrwerk verfügt über ein sportliches Grund-Setup. Die optionale Dämpferregelung lässt sich über die drive-select-Taste in der Mittelkonsole anpassen. Der ausgewählte Fahrmodus hat Einfluss auf die Härte der Dampfer, Lenkung, Gasannahme und die Schaltcharakteristik des Automatikgetriebes. Doch selbst im dynamic-Modus ist das Fahrwerkssetup keineswegs unkomfortabel. Über die Lenkung erhält man eine gute Rückmeldung. Sie arbeitet sehr präzise und direkt.
Für sein dynamischeres und agiles Einlenkverhalten sorgt unter anderem auch eine radselektive Momentensteuerung, die die kurveninneren Räder abbremst und somit stabilisiert. Eine Softwaresteuerung erkennt bei Kurvenfahrten, wenn der Fahrer vom Gas geht und verhilft dem Fahrzeug mit gezielten Bremseingriffen das eindrehen in die Kurve.
S-Sportsitze: Wellness to go
Die Schnittstelle zwischen Fahrzeug und Fahrer bieten in erster Linie das Lenkrad und der Sitz. Letzterer hat mich ganz besonders überzeugt. Zum einen ist das der perfekte Sitzkomfort und Seitenhalt. Mit einer vergleichsweise schlanken Köperstatur und einer Körpergröße von 1,75 Meter bieten mir nur wenige Sportsitze einen festen Seitenhalt im Rücken- und Schulterbereich. Die S-Sport-Sitze mit den integrierten Kopfstützen sind hingegen vorbildlich. Sie sehen nicht nur gut aus, sondern passen durch die vielfältigen Verstellmöglichkeiten wie angegossen. Die Seitenwangen passen sich perfekt an den Rücken- und Schulterbereich an und bieten so exzellenten Seitenhalt – was doch gerade bei Sportwagen ein wichtiger Faktor darstellt. Und das ist noch lange nicht genug: eine Massagefunktion setzt dem ganzen noch ein Sahnehäubchen auf. Drei Programme und unterschiedlicher Intensität stehen zur Wahl.
Virtual Cockpit: gestochen scharf
Egal ob im normalen A4 oder im S4 – das voll-digitale Kombiinstrument ist ein weiteres Highlight im Innenraum. Der 12,3 Zoll große Bildschirm des optionalen Virtual Cockpit versorgt den Fahrer mit allen relevanten Informationen. Bei der Darstellung kann man ganz individuell zwischen verschiedenen Anzeigenoberflächen wählen. Neben den klassischen Anzeigenoptionen mit Tacho und Drehzahlmesser lässt sich über die View-Taste am Lenkrad beispielsweise die Navigationskarte ins direkte Sichtfeld bringen. Speziell für den S4 gibt es einen sogenannten S-Anzeigenmodus, wo der Drehzahlmesser zentral dargestellt wird.
Ganz Oldschool gibt es aber auch weiterhin ein klassisches Instrument mit analogen Zeigern. Doch ganz ehrlich: das innovative Virtual Cockpit ist beim S4 ein must-have, auf das man nicht verzichten sollte. Ebenso praktisch als auch sicher ist das ebenfalls optionale Head-Up-Display, das Informationen wie Geschwindigkeit, erkannte Verkehrsschilder und Richtungsanweisungen des Navigationssystems ins direkte Sichtfeld des Fahrers projiziert. Die Darstellung ist hier ebenfalls gestochen scharf. Ein Extra was ich ebenfalls nicht missen möchte.
Fahrerassistenzsysteme: mehr Effizienz und Sicherheit
Für mehr Sicherheit und entspanntes Fahren sorgt auch eine ganze Reihe von Fahrerassistenzsystemen. Wie schon aus den A4-Modellen bekannt, sind diese auch im S4 verfügbar. Besonders hervorzuheben ist der Prädiktive Effizienzassistent. Das System hilft dabei dem Fahrer Kraftstoff einzusparen. Die Geschwindigkeit wird vorrausschauend an die durch das Navigationssystem ermittelte Strecke angepasst. Faktoren wie Tempolimits und Streckenführung inklusive Topographie werden mit einbezogen. Fährt man beispielsweise auf einer Landstraße und nähert sich einer Ortschaft, nimmt das System frühzeitig Tempo aus dem Fahrzeug und lässt es ausrollen, so dass man am Ortseingangsschild das vorgegebene Tempolimit erreicht. Selbiges gilt bei Einfahrten in Kreisverkehre oder beim Abbiegen, wo das System gegebenenfalls das Tempo auch durch Abbremsen reduziert. Bei gleichmäßiger Fahrt entscheidet der Prädiktive Effizienzassistenz zudem selbstständig ob er die Schubabschaltung des Motors nutzt um Kraftstoff einzusparen oder den Motor vom Antriebsstrang trennt und in den sogenannten Segelbetrieb geht.
Ebenfalls begeistert hat mich der adaptive Tempomat (ACC), der einen festgelegten Abstand zum Voraus Fahrenden Fahrzeug hält und sich mehrstufig regeln lässt. Falls nötig bremst das System bis zum Stillstand ab und beschleunigt automatisch wieder. Vor allem bei Stop&Go-Verkehr nimmt diese Funktion dem Fahrer nervige Arbeit ab. Bis zu einem Tempo von 65 km/h kann der Stauassistent sogar die Lenkarbeit übernehmen. Der Spurhalteassistent arbeitet zudem sehr flüssig und hält die Spur beim Durchfahren von Kurven präzise.
Platz und Variabilität
Wie auch in den A4-Modellen bietet der S4 ausreichend Platz. Der Kofferraum im Avant hat ein Fassungsvermögen von 505 Liter. Bei komplett umgelegter Rücksitzbank schluckt der sportliche Mittelklassekombi sogar bis zu 1.510 Liter.
Preise
Die Preise für den neuen Audi S4 Avant beginnen ab 61.150 Euro. Die Limousine startet bereits ab 59.300 Euro. Zur Serienausstattung gehören dann aber auch innovative Voll-LED-Scheinwerfer (optional sind noch Matrix-LED-Scheinwerfer verfügbar), 18 Zoll Leichtmetallräder (19 Zöller gibt es optional), einen elektrischen Antrieb für die Heckklappe sowie eine Dachreling aus eloxiertem Aluminium.
Fazit
Sportwagen oder bequeme Reiselimousine? Der neue Audi S4 Avant vereint beides sehr gut. Statt eines Sport-Dress bevorzugt er lieber einen Designer-Anzug. Seine Performance jedoch stets abrufbereit. Er punktet vor allem mit Qualität. Außen oder innen – wohin man auch schaut und was man auch anfasst – hier stimmt einfach alles. Das metallische Klicken der Drehräder ist eine wahre Freude. Besonders der hohe Sitzkomfort und die perfekte Passform der S-Sportsitze haben mich begeistert. Die zuverlässigen Fahrerassistenzsysteme sind besonders beeindruckend und zeigen die Fortschrittlichkeit der Ingolstädter. Die Fahrwerte mit der sehr direkten Lenkung und dem leistungsstarken Antrieb schließen sich dem an. Negative Kritik? Audi macht es einem da wirklich schwer. Wie auch bei den anderen A4-Modellen, gibt es keine wirklichen Makel. Einzig der Auspuffsound der Klappenauspuffanlage hätte meiner Meinung nach ein wenig mehr Klangvolumen vertragen können. Aber so bleibt er seinem zurückhaltenden Auftretend treu.
Für alle, denen der S4 zu zahm war, gab es in der A4-Baureihe eine noch eine sportlichere Alternative. Der RS4 lag mit seinem V8-Hochdrehzahlmotor noch ein Level über dem S4. Seine höhere Leistung trug dieses Modell auch nach außen zur Show. Mit verbreiterten Kotflügeln, einer extrovertierteren Optik mit Lufteinlässen und größeren Auspuff-Endrohren verfolgte der RS4 eine komplett andere Philosophie als sein zahmerer kleiner Bruder. Auch für die neunte Generation des Audi A4 wird eine RS-Version erwartet. Ob und wann steht offiziell bislang noch nicht fest.
Weitere Meinungen zum Audi S4
Schaut auch gerne bei Jens von rad-ab.com vorbei, mit dem ich die Fahrbveranstaltung vom Audi S4 besucht habe. Ebenfalls lesenswert sind die Berichte von Thomas auf Autogefühl und von Alexander auf dem Blog von tts-freunde.de sowie das Video-Review auf Let´s Drive von Marcus. Wer sich mehr für technische Details interessiert, findet auf Automotive-Technology ein Technik-Review zum neuen Audi S4.