Die Idee von Studenten ein nachhaltiges E-Auto auf die Räder zu stellen, hat sich zu einem börsennotierten Unternehmen entwickelt. Doch auch nach 10 Jahren hat kein Sion den Weg zum Kunden gefunden. Eine Crowdfunding-Aktion soll Geld für den finalen Produktionsanlauf bringen. Reicht das und hat die Welt auf ein solches Auto gewartet?
Von der Garage aufs Börsenparkett und bald auch auf die Straße?
Sono Motors – was vor zehn Jahren aus einer Idee von drei Studenten in einer Garage entstand, hat sich mittlerweile zu einer börsennotierten Firma mit über 400 Mitarbeitern entwickelt. Neben finanzstarken Investoren bekommt das Projekt großen Zuspruch und ebenso finanzielle Unterstützung von der eingefleischten Community. Auch hat es Sono Motors geschafft sich als OEM zu zertifizieren und ist nun offiziell als Automobilhersteller geführt. Auf die Straße hat es der Sion in dieser Zeit noch nicht geschafft. Sono Motors setzt auf seine Community. Reicht eine erneute Crowdfunding-Aktion, um die langersehnte Produktion starten zu können oder fährt das E-Auto-Projekt gegen die Wand?
Crowdfunding und finanzstarke Investoren
Um die Idee des Sion zu verwirklichen, setzte Sono Motors auf Crowdfunding. Eine gängige Methode, gerade bei Start-Ups, um an finanzielle Mittel zu kommen. Das Elektroauto, dass sich Nachhaltigkeit auf die Fahne geschrieben hat, kam gut an. Das Konzept überzeugte viele so sehr, dass sogar Anzahlung – teilweise sogar über den kompletten Kaufvertrag – für den Sion getätigt wurden. Bei der ersten Crowdfunding-Aktion kamen rund 50 Millionen Euro zusammen. Zusammen mit weiteren Investorengeldern stecken insgesamt 264.000.000 Euro in Sono Motors.
Sono Motors stellt sich der Community in ganz Deutschland
Um Werbung für seine aktuelle Crowdfunding-Aktion zu machen, die das Ziel hat finanzielle Mittel für die Realisierung der Vorproduktion zu generieren, stellt er sich gemeinsam mit CTO und Finanzen. Hierfür tourt der Geschäftsführer (SEO) Laurin Hahn samt Finanzvorstand (CFO) Torsten Kiedel und Technischem Direktor (CTO) Markus Volmer, der zuvor bei Daimler und Borgward tätig war durch Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die aktuelle Entwicklung und Meilensteine werden präsentiert. Man zeigt sich offen und sehr transparent. Die Community soll mitmachen – nicht nur weiter Geld geben, sondern auch Fragen stellen. Das Interesse an technischen Details ist groß aber auch wie es weiter geht.
Startup-Gründer schätzt die Chancen von Sono Motors ein
Gemeinsam mit Nils Freyberg, dem Gründer und Geschäftsführer der Cropfiber GmbH, habe ich eines dieser Community-Events in Oberhausen besucht. Seine entwickelte Dachbox ist ein Technologieträger und macht gewissermaßen Marketing, welches sich positiv auf das OEM-Zulieferer-Geschäft auswirkt.
„Für mich als Startup-Gründer finde ich das Durchhaltevermögen extrem gut bei den Jungs! Sie haben dermaßen viel auf die Beine gestellt und am jetzigen Zeitpunkt aufzugeben, ist tatsächlich nicht klug. Ein Versuch muss es einfach noch wert sein, Investoren zu überzeugen! Hierzu brauchen sie aber überzeugte Vorbesteller und hier ist es natürlich schwierig, indem diese oftmals mit überschaubaren „Investitionsbudget“ ins Risiko gehen. Wenn alles klappt, mega! Wenn nicht, muss das Solar-Geschäft so gut aufgebaut sein, dass jeder die Anzahlung zurück bekommt. Aber da bin ich mir sogar recht sicher, dass Laurin auch dafür bereits einen Plan hat!“
– Nils Freyberg, Gründer und Geschäftsführer, Cropfiber GmbH
Private Unterstützer investieren
Viele der Sono Motors Unterstützer haben bereits viel Geld in das Projekt gesteckt. Einige davon haben sogar mehrere Zehntausend Euro in Aktien investiert. Seit 2021 ist Sono Motors ein börsennotiertes Unternehmen. Zum Start lag der Wert noch bei über 20 Euro. Heute ist eine Sono Motors Aktie keinen Euro mehr wert. Keine sonderlich rostigen Aussichten. Aber genau wie der CEO steht auch ein großer Teil der Community hinter dem Projekt. Es werden sogar Fragen gestellt, wie man weiter finanzielle Hilfe leisten könne. Sono Motors hat auch hierfür eine Idee und möchte bald ein Darlehn-Programm anbieten.
Versprochen wird eine Vorreiterrolle
Diese Unterstützer sollen die ersten sein, die dieses außergewöhnliche Auto fahren dürfen, welches „die Lösung für so viele Probleme auf der Welt“ sein soll, wie der CEO von Sono Motors seine Community bei seiner motivierenden Ansprache bei der Stange hält. Doch nicht nur die Vorreiterrolle sollen die Unterstützer einnehmen, auch sollen sie von Rabatten und möglichen Ausschüttung aus Aktienanteile der Gründer über sogenannte Sono-Punkte profitieren.
Wie geht es weiter?
Der Countdown läuft. Sono Motors selbst hat die Crowdfunding Aktion auf 50 Tage angesetzt. In dieser Zeit sollen 3.500 Fahrzeuge angezahlt werden, was einer Gesamtsumme von 104.650.000 Euro entspricht. Eine riesige Hürde, an die aber Sono Motors selbst nicht ganz glaubt und sich zur Sicherheit eine Frist von weiteren 40 Tagen eingeräumt hat.
Doch was kommt dann? Sollten genügend finanzielle Mittel zusammenkommen, kann Sonso Motors mit der Vorserie beim Auftragsfertiger Valmet Automotive in Finnland starten. Um die Produktionslinie in Betrieb nehmen zu können, müssen noch weitere Serienwerkzeuge finanziert werden.
Ist der Sion überhaupt noch up to date?
Die E-Auto Welt hat sich in den letzten 10 Jahren weitergedreht. Und gerade in den letzten Jahren extrem schnell. 2012 waren E-Autos Exoten: Mitsubishi i-MiEV, Nissan Leaf aber auch Tesla war zu dieser Zeit mit dem ersten Modell auf der Straße. Mittlerweile bietet so gut wie jeder Hersteller Modelle verschiedener Fahrzeugklassen an. Aber auch zahlreiche Newcomer, vor allem aus China, stehen in den Startlöchern und fanden auch bei uns in Deutschland den Weg zu ersten Käufern.
Der Sion hat sich zwar auch weiterentwickelt. So weiterentwickelt, wie sich ein Konzeptfahrzeug in Richtung Serienreife entwickelt. Technisch jedoch fahren dem Sion aktuelle Modelle davon. Eine Ladeleistung von 75 kW sind nicht mehr zeitgemäß.
„Der Sion ist die Lösung für so viele Probleme auf dieser Welt.“
– Laurin Hahn, Geschäftsführer Sono Motors
Sono Motors verspricht die Energiewende auf Rädern
Womit möchte der Sion überzeugen? Das kompakte Elektroauto ist fast fünfeinhalb Meter lang und soll mit seiner 54 kWh großen Batterie eine Reichweite von 305 Kilometern erreichen. Der Preis ist aktuell mit 29.900 Euro angesetzt. Die Besonderheit ist jedoch das Nachhaltigkeitskonzept. Sono Motor verspricht die Energiewende auf Rädern: die Solarintegration über die gesamte Karosserieverkleidung und ein Innenfilter aus Moos sind die Alleinstellungsmerkmale des Sion. Auch soll sich der Sion in das Heimnetz integrieren lassen und als Stromspeicher dienen. Den Community-Gedanken unterstreicht eine App-basierte Carsharing-Funktion, mit der sich das Fahrzeug auch verleihen lassen kann. Aber reicht das alles aus, um auf eine jährliche Stückzahl von geplanten 30.000 Fahrzeugen zu kommen? Keinerlei Individualisierung, keine anderen Farben, keine Extras. Auch mit dem Design wird es das Auto nicht leicht haben.
Fährt Sono Motors mit dem Sion gegen die Wand?
Die ersten Crashtests für den Sion sind für Januar 2023 geplant. Doch die Homologisierung sollte nicht das Problem sein. Hier sei man dank einer Vielzahl erfahrenen Entwicklern sehr weit und rechne mit einer baldigen Serienfreigabe. Die Fortführung zur Serienproduktion hängt nun weitestgehend von der weiteren Finanzierung ab. Sollte die Crowdfunding-Aktion nicht erfolgreich sein und die finanziellen Mittel nicht zusammenkommen, um die Produktion ans Laufen zu bekommen, kann der Sion das zeitliche gesegnet haben, noch bevor des überhaupt zu einer Serienproduktion kommt. Doch selbst mit einem solchen Szenario hat sich Sono Motors auseinandergesetzt. Auf Nachfrage aus der Community entgegnete Sono Motors, dass sich das Unternehmen in diesem Falle auf die Solarproduktion konzentrieren werde. In den letzten Jahren habe man sich hier viel Knowhow aneignen können.
Der Countdown läuft
Bleibt also abzuwarten, ob Sono Motors seine Anhänger und Investoren überzeugen kann. Der Countdown läuft und das Frühjahr 2023 wird zeigen, ob der Sion auf die Straße darf oder sich Sono Motors auf die Kraft der Sonne setzt und sich zukünftig auf das Solargeschäft wird.
Einschätzung
Auch wenn ich den Gründern und vor allem den den vielen Leuten, die an die Idee geglaubt haben, einen guten Ausgang wünsche, denke ich nicht, dass es der Sion auf die Straße schaffen wird. Zum Zeitpunkt, als die Idee entstand, sah die Auto-Welt noch anders aus. Das Konzept ist heute nicht mehr in allen Punkten zeitgemäß. Kein schnelles Laden, keine Varianz, ein sehr spezielles Design. Zudem bläst wirtschaftlich Gegenwind in Form der reduzierten Förderung, den allgemein höheren Kosten und einer stetig wachsenden Konkurrenz. Letztlich bleibt zu hoffen, dass das Knowhow von Sono Motors und der bisherige Fortschritt des Projekts überzeugend genug ist und die Crowdfunding-Kampagne noch Früchte trägt. Vielleicht wäre ein weiterer starker Partner, der die Vision der Macher voran bringen kann, in dieser Situation hilfreich. Ähnliche Beispiele von Newcomern, wie e.Go und Microlino zeigen, dass es ein harter Weg ist und mitunter Richtungsänderungen benötigt, eine Idee zu einem marktfertigen Produkt umzusetzen. An kreativen Ideen fehlt es den Machern jedenfalls nicht.
Fotos: Nils Freyberg, Sono Motors, Daniel Przygoda