Ein Lotus mit AMG-Motor? Genau! Der Lotus Emira Turbo SE startet ab 109.500 Euro und bringt 406 PS aus einem AMG-Vierzylinder auf die Straße und bleibt dabei ganz der alte: leicht, direkt und voller Emotion. Vielleicht die spannendste Alternative zum Porsche 718 Cayman, die man derzeit fahren kann.
Lotus Emira: Der letzte echte Lotus?

Lotus, die kompromisslose Sportwagenmarke.
Kaum ein anderer Hersteller steht so sehr für puristische Leichtbaukunst und ungefilterten Fahrspaß wie Lotus. Doch die britische Marke befindet sich im Wandel. Neue Modelle, neue Technik – aber immer noch der gleiche Fokus: Emotion statt Effizienz. Und genau hier kommt der Lotus Emira ins Spiel.
Der Emira ist ein klassischer Mittelmotorsportwagen, aktuell mit zwei unterschiedlichen Antriebskonzepten erhältlich: als V6-Sauger oder mit einem 2,0-Liter-Turbo-Benziner aus dem Hause AMG. Beide Varianten liefern 406 PS, könnten charakterlich aber kaum unterschiedlicher sein. Ich durfte mir den Emira Turbo SE genauer ansehen.

Lotus Elise: Minimales Gewicht für maximalen Fahrspaß
Doch ein paar Jahre zurück: Seit ich meinen Führerschein habe, gibt es ein Auto, das nie aus meiner Traumgarage verschwunden ist: die Lotus Elise. Ein kompakter Mittelmotor-Sportwagen, der seine Faszination nicht aus purer Leistung, sondern aus radikalem Leichtbau zieht.
Das Aluminium-Chassis, der Verzicht auf Komfort und das pure Fahrerlebnis machten die Elise zu einer fahrdynamischen Ikone – und zu einem Auto, das jeden Zentimeter Straße in Kurvengeschwindigkeit umsetzte. Nach über zwei Jahrzehnten Bauzeit lief die Produktion 2021 schließlich aus.
Das letzte, an einen Kunden ausgelieferte Exemplar gehörte Elisa, der Namensgeberin dieses legendären Modells. Sie brachte ihre goldene Elise mit, die sich samt vieler weiterer Meilensteine der Lotus-Geschichte ins Fahrerlager des Tazio Nuvolari Circuit südlich von Mailand einreihte.
Mit dem Ende der Elise endete auch eine Ära. Doch Lotus wäre nicht Lotus, wenn sie nicht einen Nachfolger geschaffen hätten, der den Geist der Elise weiterträgt – nur auf eine neue, modernere Art.
Der Emira ist genau das: ein Sportwagen, der die Essenz der Marke in die Gegenwart übersetzt. Er bleibt leicht, präzise und fahrerorientiert, verbindet diese Gene aber mit mehr Komfort, Sicherheit und Alltagstauglichkeit.

Emira: Zwischen Alpine und Porsche
Wer den Emira zum ersten Mal sieht, könnte ihn leicht als Konkurrenten des Porsche 718 Cayman oder der Alpine A110 einordnen. Und genau dort gehört er auch hin. Optisch wirkt der Lotus fast exotischer als beide, technisch positioniert er sich dazwischen. Er ist leichter und puristischer als ein Porsche, aber erwachsener und komfortabler als eine Alpine. Damit trifft der Emira eine Nische, die es so kaum noch gibt: Ein echter Sportwagen mit Alltagstauglichkeit, aber ohne die digitale Überfrachtung.
Vom Puristen zum Allrounder: Der Charakter des Lotus Emira
Auch wenn der Emira nicht mehr die kompromisslose Radikalität der Elise verkörpert, trägt er doch unverkennbar die Lotus-DNA in sich. Und das ist keineswegs ein Nachteil. Aus einem puristischen Spaßgerät ist ein echter Sportwagen mit Charakter und Alltagstauglichkeit geworden – einer, der sich auch neben Luxusmarken wie Ferrari sehen lassen kann.
Maße und Gewichte
| Maße und Gewichte | Lotus Emira Turbo SE |
|---|---|
| Abmessungen | |
| Länge | 4,42 m |
| Breite, mit/ohne Außenspiegel | 2,10 m/1,90 m |
| Höhe | 1,24 m |
| Wendekreis | N.N. |
| Gepäckraum | 151 l |
| Gewichte | |
| Leergewicht | 1.455 kg |
| Zuladung | 290 kg |
| zul. Gesamtgewicht | 1.745 kg |


Innenraum: Eins werden mit dem Emira
Der Innenraum des Lotus Emira Turbo SE ist kein enger Rennwagen wie die Elise, in den man sich hineinzwängen muss, sondern ein kompakter, sportlich geschnittener Arbeitsplatz. Für meine Größe von 1,75 Metern passt alles perfekt. Wer größer ist, dem könnte es etwas eng werden. Man sitzt tief, aber nicht unbequem, und hat das Gefühl, Teil des Autos zu sein – nicht bloß darin zu sitzen.

Was sofort auffällt: Hier gibt es noch physische Bedienelemente, die man wirklich anfassen kann. Das Lenkrad lässt sich manuell, die Sitze elektrisch einstellen. Ein paar schnelle Handgriffe – und alles sitzt perfekt, wie bei der Lieblingsjeans.
Das kleine, mit Alcantara bezogene Lenkrad liegt fantastisch in der Hand: griffig, direkt und wie gemacht für schnelle Richtungswechsel. Das Doppelkupplungsgetriebe übernimmt die Schaltarbeit wahlweise automatisch oder über die Schaltpaddles am Lenkrad. Und genau das macht hier richtig Spaß. Normalerweise nutze ich bei Automatikfahrzeugen den manuellen Modus kaum – im Emira ist das anders. Das Durchschalten der Gänge per Hand wird hier zum Erlebnis. Trotzdem lässt sich im Stadtverkehr oder Stau bequem der Automatikmodus aktivieren. Doch an diesem Vormittag südlich von Mailand warteten keine Staus, sondern leere Landstraßen, auf denen der Emira zeigen durfte, was in ihm steckt.

Cockpit und Bedienung – Puristisch, aber modern gedacht
Bevor es auf die Straße geht, lohnt sich ein Blick ins Cockpit. Der erste Eindruck: alles übersichtlich, aber nicht spartanisch. Lotus hat es geschafft, eine gute Balance zwischen moderner Technik und klassischer Sportwagen-Schlichtheit zu finden.

Direkt vor dem Fahrer: ein volldigitales 12,25-Zoll-Kombiinstrument, klar strukturiert, mit gut ablesbarer Drehzahl und Geschwindigkeit. Ein Head-up-Display gibt es nicht – und das braucht hier auch niemand.
In der Mittelkonsole sitzt ein zentraler 10,25-Zoll-Touchscreen. Klingt kompakt, wirkt aber im kleinen Innenraum perfekt proportioniert. Die Menüführung ist einfach, das Navigationssystem funktioniert zuverlässig, und Smartphone-Integration über Android Auto oder Apple CarPlay ist selbstverständlich.

Darunter: klassische Drehregler für die Klimaanlage – intuitiv, schnell, perfekt. Für Feineinstellungen kann man ins Menü des Zentraldisplays wechseln. Die Mittelkonsole bietet Ablagen, USB-Anschlüsse, Becherhalter und den Wählhebel für das Doppelkupplungsgetriebe.


Ein Highlight: der Startknopf unter einer roten Klappe. Eigentlich völlig überflüssig, aber genau diese kleinen, verspielten Details machen den Emira besonders.
Auch Gepäck findet seinen Platz. Hinter den Sitzen lassen sich Jacken oder kleinere Taschen verstauen, im Kofferraum passt weiches Reisegepäck. Clever gepackt, ist der Emira also durchaus roadtrip-tauglich.

Und wie sieht’s mit dem Kofferraum aus?
Der Blick in den Gepäckraum ist vielleicht nicht der Rede Wert. Aber der Vollständigkeit halber machen wir das mal. Also nochmal raus und die Heckklappe geöffnet. Statt Hartschalenkoffer wählt man hier lieber weiches Gepäckgut. Mein eigener Rucksack passt perfekt rein, und für einen zweiten wäre auch noch Platz. Clever gepackt, wird der Emira also durchaus roadtrip-tauglich.

Motor von AMG – deutsche Power im britischen Sportwagen
Die Heckklappe des Lotus Emira Turbo SE gibt nicht nur den Blick auf den kleinen Gepäckraum frei, sondern auch auf das Herzstück: den Motor. Zumindest theoretisch. Denn was man sieht, ist vor allem eine große Kunststoffabdeckung.
Unter dieser Abdeckung arbeitet allerdings kein gewöhnlicher Motor, sondern ein echtes Stück deutscher Ingenieurskunst: ein 2,0-Liter-Vierzylinder-Turbo von AMG. Das Aggregat wird in seiner Grundform in Modellen wie beispielsweise Mercedes-AMG C 43 und CLA 45 verbaut. Für den Emira legt Lotus selbst Hand an und überarbeitet diesen.
Wo bei AMG noch Stolz Plaketten mit der Unterschrift des Monteurs drauf geklebt werden, wird bei Lotus der gesamte Motor durch eine Kunststoff-Cover abgedeckt. Egal. Lotus steht nicht für Show-and-Shine. Vielleicht hatte ich hier zu hohe Erwartungen. Aber hier geht es um die inneren Werte und denen gehen wir jetzt auf den Grund.

Technische Daten
| Technische Daten | Lotus Emira Turbo SE |
|---|---|
| Antriebsart | Heckantrieb (RWD) |
| Motorisierung | Benzin |
| Motor | |
| Motorart | 4-Zylinder Turbo-Benziner |
| Hubraum | 1.991 cm³ |
| Leistung | 298 kW (406 PS) |
| Drehmoment | 480 Nm |
| Getriebe | |
| Getriebeart | 8-Gang Doppelkupplungsgetriebe |
| Fahrleistungen | |
| Beschleunigung, 0–100 km/h | 4,0 s |
| Höchstgeschwindigkeit | 291 km/h |
| Verbrauch, kombiniert (WLTP) | 9,2 l/100 km |
Fahrdynamik und Fahreindruck
Also rein ins Auto: Sicherheitsklappe hoch, Startknopf gedrückt und der Lotus Emira Turbo SE erwacht zum Leben. Beim Rangieren vom Parkplatz braucht das Doppelkupplungsgetriebe etwas länger bis die Gänge greifen. Die Übersicht ist erstaunlich gut. Die kompakte Karosserie ist überschaubar, vorne hat man alles im Blick, und nach hinten hilft die Rückfahrkamera.

Kaum rollt der Emira, wird klar: Das ist ein echter Lotus. Der Sound ist sportlich, aber nie aufdringlich – genau richtig dosiert, um Vorfreude zu wecken. Die Lenkung? Unglaublich direkt. Kein Spiel, keine Verzögerung, nur sofortige Reaktion. Der Emira fühlt sich an wie ein wacher, aufmerksamer junger Hund, der auf das nächste Kommando wartet.

Schon nach wenigen hundert Metern entsteht dieses vertraute Gefühl zwischen Mensch und Maschine. Man wird eins mit dem Auto. Zeit, ihn von der Leine zu lassen: Der Sprint auf 100 km/h dauert gerade einmal vier Sekunden – und das fühlt sich genauso an, wie es klingt: brutal schnell.


Aber der Emira ist kein reines Beschleunigungswunder. Sein wahres Talent zeigt er in den Kurven. Mit der präzisen Lenkung lassen sich Kurven anvisieren wie durch ein Zielrohr. Der flache Mittelmotor scheint sich beim Einlenken regelrecht an den Asphalt zu saugen. Das Auto reagiert direkt und mit einem Grip, der Gänsehaut erzeugt.

Sound
Dazu noch der pfeffrige Sound mit Turbo-Untermalung. Die Ansaugung direkt gut platziert am Ohr vor der Hinterachse. Also, Fenster runter und vor der Kurve runterschalten: dritter, zweiter Gang … hach, das lässt mein Herz höher schlagen. Vielleicht habe ich mich hier etwas verliebt. Man sagt ja immer “Liebe macht blind” Auf jeden Fall macht Liebe nicht Taub, denn hier muss gesagt werden, dass der Motorsound noch etwas akustische Hilfe bekommen hat. Der Fahrer bekommt also ein bisschen mehr Emotion aus den Lautsprechern. Aber zugegeben, auch wenn ich Fake-Funktionen nicht mag, hier ist es sehr gut umgesetzt. Und hätte man es mir vorher nicht gesagt, hätte ich es vielleicht so schnell auch nicht bemerkt. Das jedenfalls sei dem Emira verziehen.

Fahrwerk
Weiter geht es. Die Straßen in Italien sind zugegebenermaßen auch nicht überall die besten. Auch hier begegnen einen schlechte Fahrbahnoberflächen mit aufgebrochenen Asphalt. Mit einem tiefen Sportwagen ist da sowieso Vorsicht geboten. Aber das Fahrwerk hat überraschend gute Nehmerqualitäten. Nicht nur Unebenheiten in der Stadt meistert er gut, auch Querfugen und Unebenheiten auf der Landstraße. Als Fahrer bekommt man alles sehr gut von seiner Umgebung mit, aber das Auto zeigt sich sehr ausgewogen, ohne dass es sich schnell aus der Ruhe bringen lässt. Kein nervöses Zucken oder Aufbäumen.

Preise und Ausstattung – wie viel Lotus darf’s sein?
Den Lotus Emira gibt es aktuell in zwei Antriebskonzepten:
- Lotus Emira 3.5 V6
3,5-Liter-V6-Saugmotor mit 6-Gang-Schaltgetriebe oder optionalem Doppelkupplungsgetriebe
ab 117.500 Euro
- Lotus Emira 2.0 Turbo SE
2,0-Liter-Vierzylinder-Turbo, ausschließlich mit Doppelkupplungsgetriebe
ab 109.500 Euro
Beide Motoren leisten identische 298 kW (406 PS), unterscheiden sich jedoch deutlich im Charakter. Unterhalb dieser Varianten bietet Lotus noch einen Einstiegs-Emira mit 268 kW (365 PS) zum Preis ab 97.400 Euro an.

Lackierungen
In der Serienausstattung stehen zwei Basisfarben zur Wahl: Rot und Grau. Darüber hinaus bietet Lotus 13 Sonderlackierungen (Aufpreis: 1.000–2.500 Euro).


Das hier gezeigte Testfahrzeug präsentiert sich in der Farbe „Mist White“ (+1.500 Euro) in Kombination mit dem Black-Paket (1.060 Euro). Dieses verleiht Dach, Außenspiegeln und unteren Karosserieteilen ein glänzend schwarzes Finish – ein starker Kontrast, der die Linien des Emira betont.

20 Zoll Leichtmetallräder
Für die Räder stehen ausschließlich 20-Zoll-Leichtmetallfelgen zur Auswahl. Je nach Design und Finish zwischen 600 und 3.000 Euro Aufpreis.

Sportbereifung im Lotus Driver’s Pack
Beim Fahrwerk haben Käufer die Wahl zwischen Touring und Sport. Wer sich für das Sportfahrwerk entscheidet, kann zusätzlich von der Straßenbereifung Goodyear Eagle F1 Supersport auf Michelin Pilot Sport Cup 2 Semislicks upgraden (+420 Euro), die sich vor allem für besonders ambitionierte Fahrer eignen, die auch gerne mal den Emira auf einen Trackday entführen.

Innenraum und Komfort
Im Innenraum setzt Lotus auf Individualität. Käufer können zwischen Nappaleder oder Alcantara wählen. Jeweils in mehreren Farbvarianten, die sich harmonisch kombinieren lassen. So lässt sich der Emira sportlich, elegant oder dezent gestalten.


Ein sinnvolles Extra ist das Komfort-Paket (+720 Euro). Es beinhaltet eine Rückfahrkamera, zusätzliche Ablagenetze.

Fazit
Dass mich ein Vierzylinder-Turbomotor einmal emotional berühren würde, hätte ich ehrlich nicht gedacht. Doch es ist weniger der Motor selbst, denn vielmehr überrascht mich, wie perfekt das AMG-Aggregat mit einem leichten britischen Sportwagen harmoniert. Und ja, verliebt bin ich trotzdem.
In einer Phase, in der sich Lotus strategisch neu aufstellt und mit frischen Antriebskonzepten sowie einem modernen Modellportfolio in die Zukunft startet, ist vieles möglich – aber eines bleibt: die Wurzeln der Marke. Genau diese DNA spürt man im Emira in jeder Kurve.
Was den Emira besonders macht, ist seine Vielseitigkeit – zumindest im Rahmen dessen, was ein echter Sportwagen leisten kann. Er lässt sich völlig entspannt im Alltag bewegen, ohne großes Drama, und zieht dennoch überall Blicke auf sich. Man spürt: Das hier ist kein gewöhnliches Auto, sondern etwas Besonderes. Lauter dürfte er vielleicht sein, auffälliger auch – aber das wäre nicht Lotus. Ich konnte mich jedenfalls nur schwer von diesem großartigen Sportwagen trennen.


