Dass Elektroautos ordentlich Drehmoment auf der Kette haben und durchaus sportliche Sprints hinlegen können, ist mittlerweile bekannt. Doch hat ein Elektro-Sportler, wie der neue Porsche Taycan auch die Ausdauer für die Langstrecke? Robin Engelhardt hat mich auf seiner Tour quer durch Deutschland besucht und erzählt wie sich der Taycan auf dem Roadtrip geschlagen hat.
Als der Sportwagenhersteller Porsche sein erstes vollelektrisches Serienmodell auf den Markt gebracht hat, war das Staunen groß. Endlich eine sportliche Alternative zum Tesla Model S, die auch Durchhaltevermögen auf der Langstrecke haben soll. Kraftvolle Sprints mit dem ultimativen Boost an Drehmoment sowie die Fähigkeit die Batterien in kürzester Zeit aufzuladen. Diese Eigenschaften sollen zeigen, dass eine Elektro-Porsche durchaus für die Langstrecke zu gebrauchen ist.
Unter Strom: 2.200 Kilometer durch Deutschland
Ob die Theorie auch in die Praxis umzusetzen ist, hat Robin Engelhardt ausprobiert. Ich habe Robin auf einer Fahrveranstaltung des Volkswagen e-Up kennengelernt. Nun haben wir uns auf einem anderen Leistungs-Level wiedersehen können. Der 21-jährige ist nämlich niemand, der sich nur mit der technischen Daten und Werksangaben abgibt. Robin nimmt die Sachen selber in die Hand. Der Blogger studiert im dritten Semester Maschinenbau an der TU München. Von dort aus hat er sich auch auf den Weg gemacht. Ein Roadtrip quer durch Deutschland mit dem Porsche Taycan 4S.
Interview mit Robin Engelhardt
Ganz schön mutig möchteneinige meinen: Innerhalb von vier Tagen quer durch Deutschland und das alles alles mit einem Elektroauto! Robin Engelhardt hat sich für das Magazin Elektroautomobil auf die Reise gemacht. Mit dem Porsche Taycan 4S ging es zusammen mit zwei Kommilitonen über Stuttgart, Frankfurt am Main und Köln nach Dortmund. Hier haben wir uns getroffen und sind bei Deutschlands bekanntesten Tuner Jean Pierre Kraemer vorbei gefahren, der ebenfalls Besitzer eines Porsche Taycan ist. Nachdem wir uns die heiß gemachten Projekt-Fahrzeuge bei JP Performance angesehen und uns bei Big Boost Burger gestärkt haben, ging es für Robin und seine Jungs weiter nach Berlin. Die Letzte Etappe ging dann von Leipzig und Jena über die Oberpfalz und Regensburg zurück nach München. Nach diesem außergewöhnlichen Roadtrip hat sich Robin meinen Fragen gestellt.
3ve-Blog: Wie kam es eigentlich dazu einen Roadtrip mit einem Elektroauto zu machen?
Robin Engelhardt: Ich bin schon ewig elektrisch unterwegs. Mit dem Tesla habe ich bereits viel Erfahrung mit langen Strecken und schnellem laden sammeln können.
Wie kommt man als 21-jähriger Student dazu Tesla zu fahren?
Mein erstes Zusammentreffen mit einem Tesla war lustigerweise auf einem Oldtimertreffen, auf das mich mein Vater mitgenommen hat. Da war ich erst 14. Irgendjemand hat zwischen den alten Autos als Gag dieses futuristische Elektroauto hingestellt. Mich hat dieses Auto sofort in den Bann gezogen. Ich kam nicht mehr weg. Als der Besitzer mich dann auf eine Spritztour eingeladen hatte, war es um mich geschehen. Ich wollte meinen Vater unbedingt von diesem Auto überzeugen. Er hatte berufsbedingt eine hohe Jahresfahrleistung. Ich habe dann ausgerechnet, dass der Unterhalt des Teslas für ihn deutlich günstiger sei, als sein Diesel. Mein Vater hat sich dann getraut und ist auf das Elektroauto umgestiegen. Nicht nur ehr war begeistert. Auch viele seiner Kunden sind neugierig geworden. Wir bekamen viele Nachfragen, was uns zu dem Entschluss gebracht weitere Teslas anzuschaffen und diese zu vermieten. In unserer Vermietung EAV-Mobility.de hatten wir in Spitzenzeiten sogar bis zu sieben Fahrzeuge.
Nun hat es hat ja ein paar Jahre gedauert, bis auch unsere deutsche Autohersteller auch ein vergleichbares Modell auf dem Markt gebracht haben. Mit dem Taycan bietet nun sogar der Sportwagenhersteller Porsche ein Elektroauto an. Warum hast Du gerade den Porsche Taycan für Deinen Roadtrip ausgesucht?
Der Taycan ist meiner Meinung nach eine gute Alternative zum Tesla. Jedoch stand er lange in der Kritik bezüglich seines hohen Verbrauchs. Ich wollte mich selbst überzeugen, was der Taycan in der Praxis leistet. Eine einfache Probefahrt würde da nicht ausreichen.
Du als E-Mobility-Blogger hast ja einen guten Überblick über das aktuelle Modellangebot. Was kann da der Porsche Taycan besonders gut?
Schnell laden und schnell fahren! So kann man kurz zusammenfassen. Beim Taycan merkt man, dass Porsche seine Finger im Spiel hat. Man kann entspannt 200 fahren. Der Wagen liegt einfach gut auf der Straße. Das Fahrgefühl des Taycan ist angenehm und das Handlich präzise. Man merkt schnell den Unterschied. Ein deutlicher Unterschied zum Tesla oder SUVs, die deutlich mehr schwanken. Ist man mit dem Taycan flott unterwegs, ist er zwar schnell leer aber genau so schnell wieder voll. Zum aufladen haben wir auf unserem Roadtrip kaum mehr als eine viertle Stunde stoppen müssen. Die maximale Ladeleistung beim Taycan beträgt unglaubliche 260 kW.
Wo hat der Taycan seine Schwächen?
Ich habe ja noch zwei Freunde mitgenommen. Der Platz war schon sehr knapp bemessen. Mit drei Leuten hat sich gezeigt, dass der Taycan nicht zu den praktischsten Autos zählt. Zu viert hätte man es gar nicht geschafft. Auch was den Preis (ab 103.802 Euro) angeht, ist der Porsche bestimmt nichts für jeden. Was die Technik angeht, hat mich das stark verzerrte Bild der Kamera gestört. Außerdem merkt man, dass Porsche Over-the-Air-Updates noch nicht so gut im Griff hat, wie Tesla.
Was fehlt dem Taycan was essenziell wichtig für ein Auto mit E-Antrieb wäre?
Am Auto selbst gar nichts. Das Problem aktuell ist die Ladeinfrastruktur. Es gibt mit Ionity und EnBW zwar gute Anbieter, jedoch ist das Ladenetz noch sehr dünn. Möchte man längere Strecken zurücklegen, ist mehr Planungsaufwand nötig.
Wie habt ihr eure Ladestopps geplant? Ging das mit dem Porsche-Navi oder sind die gängigen Apps für das Smartphone besser geeignet?
Eigentlich hat uns das Porsche-Navi am meisten geholfen. Besonders bei prognostizierter Reichweite war en die Daten sehr zuverlässig und genau. Dennoch haben wir nicht gänzlich auf die Smartphone-Apps verzichtet. Diese haben zusätzliche Infos. Unter anderem konnte man nachsehen, ob die Ladestation funktionsfähig ist. Das wird im Porsche-Navi leider nicht angezeigt.
Lief denn bei euren Ladestopps soweit alles zuverlässig?
Die Ladesäulen von Ionity haben bei uns immer funktioniert. Auch bei EnBW gab es keine Probleme. Andere Betreiber sind aber noch nicht so weit, dass wir uns darauf verlassen konnten. Daher haben wir die ausgelassen.
Wie sah eure Ladestrategie aus?
Die Ladestopps konnten wir mit 15 bis 20 Minuten recht kurz halten. Etwa alle 200 Kilometer musste der Taycan nachladen. Dann ging schnell weiter. Wenn der Verkehr es erlaubte, waren auch dauerhaft 200 km/h drin.
Wie hoch war euer Verbrauch?
Nach rund 2.200 Kilometern hatten wir einen Durchschnittsverbrauch von 32,4 kWh pro 100 Kilometern. Beim Tesla waren es beim mir 28 kWh. Dafür war ich mit dem Porsche aber bedeutend schneller.
Ist ein Roadtrip mit einem Elektroauto ein günstiges Vergnügen?
Jein… regulär sind die Ionity-Ladesäulen schon ziemlich teuer geworden. Wer sich jedoch einen Taycan kauft, kann sich einen Ladetarif direkt über Porsche buchen. Die Kilowattstunde kostet bei Ionity dann nur noch 30 Cent. Das geht dann und ist nicht wirklich teuer. Bei unserem Roadtrip wären es keine 200 Euro gewesen. Übrigens bieten fast alle Autohersteller ähnliche Ladetarife in Kooperation mit Ladesäulenbetreibern an.
Der Langstreckenläufer für eilige
Wer neugierig geworden ist und mehr über die Langstreckentauglichkeit des Porsche Taycan 4S wissen will, dem möchte ich das aktuelle Heft von Elektroautomobil empfehlen. In der Dezember/Januar Ausgabe (06/2020) des Magazins, das sich auf das Thema Elektromobilität spezialisiert hat, gibt es den Bericht von Robin und seinem Roadtrip durch Deutschland.
Fotos: Robin Engelhardt, Hendrik Lippold, Julian Marchl, Daniel Przygoda