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Nissan Leaf: Beliebtestes E-Auto im Alltagstest

Ein Elektroauto im Alltag? Reichweite, Komfort und Batterie laden – Wie alltagstauglich ist die zweite Generation des Nissan Leaf und für wen eignet sich das Kompaktmodell mit E-Antrieb? Ich habe Europas beliebtestes Elektroauto ein paar Tage auf meiner Pendler-Route zur Arbeit bewegt.

Um die Antwort der eigenen Lademöglichkeit vorweg zu nehmen: Ich selbst fahre privat bereits seit fast zwei Jahren ein Elektroauto und habe zuhause keinen eigenen Stellplatz mit Lademöglichkeit. Was für viele im ersten Moment ziemlich mutig oder gar unmöglich klingt, funktioniert bei mir ganz gut. Natürlich musste ich mich umstellen. Mich hat jedoch die neue Antriebstechnik neugierig gemacht. Auch ist mir bewusst, dass der E-Antrieb – zumindest derzeit – nicht für jeden geeignet ist. Wer jedoch mit dem Gedanken spielt, dem möchte ich hier eines der beliebtesten E-Autos vorstellen, welches ich im Rahmen eines Alltagstests näher kennenlernen durfte.

Beliebtestes Elektroauto Europas

Der Nissan Leaf ist ein echter Kassenschlager. Mit insgesamt 40.000 Verkäufen im Jahr 2018 liegt er an der Spitze der meistverkauften Elektroautos in Europa. Der seit 2010 gebaute Nissan Leaf wurde von Grund auf für den reinen Elektroantrieb konzipiert. Seit Ende 2017 gibt es nun die zweite Generation (intern ZE1). Beim Nachfolger hat sich eine Menge getan. Rein optisch hat der Nissan Leaf einen großen Sprung gemacht. Von außen reiht sich der Leaf in das Straßenbild normaler Kompaktwagen ein: stylisch aber ohne zu sehr aus dem Rahmen zu fallen. Dass es sich um ein Elektroauto handelt, hängt der Leaf nicht an die große Glocke. Ein paar kleine Schriftzüge und blaue Akzentteile, die aber nicht weiter ins Auge fallen.

Gebaut wird der Leaf übrigens Nissan-Werk im britischen Washington (Sunderland). Dieses Produktionswerk bedient die europäischen Märkte. Weitere Produktionsstandorte liegen in den USA, China und natürlich Japan.

Platz und Variabilität

Mit einer Außenlänge von 4,49 Metern fällt der Nissan Leaf in die Kategorie der Kompaktklasse. Sein Innenraum bietet gute Platzverhältnisse, so dass man auch mit bis zu 5 Leuten unterwegs sein kann. Der Kofferraum ist mit einem Volumen von 394 Litern überaus großzügig dimensioniert und lässt sich durch Umklappen der hinteren Rückenlehnen (asymmetrisch im Verhältnis 60:40) auf bis zu 1.265 Liter erweitern. Damit liegt der Leaf über dem Klassendurchschnitt – auch im Vergleich zum aktuellen Volkswagen Golf, dessen Kofferraumvolumen bei 380 bzw. 1.270 Litern liegt. Großeinkäufe aber auch sperrige Gepäckstücke, wie mein E-Scooter sind daher kein Problem. Übrigens ein nützliches Gadget für alle (E-)Auto-Fahrer: Da die E-Scooter bald legal in Deutschland bewegt werden dürfen, sind sie praktisch für die letzte Meile und um beispielsweise von der Ladesäule zum nächstgelegenen Ziel zu gelangen.

Gute Übersicht aus der Vogelperspektive

Die Übersicht ist gut, wenngleich man doch froh über die Parksensoren und die noch praktischere Arround View Kamera sein kann. Vier Weitwinkelkameras erzeugen dabei ein 360°-Bild aus der Draufsicht bzw. der Vogelperspektive des Fahrzeuges. Das Kamerabild könnte zwar etwas schärfer sein, hilft aber trotzdem sehr gut beim Rangieren und kann per Knopfdruck zugeschaltet werden. Ebenfalls per Knopfdruck kann man vollautomatisch einparken lassen. Sehr beeindruckend!

Konnektivität, Infotainment und Sound

Einfach und übersichtlich ist die Bedienoberfläche des Infotainment-Systems gehalten. Besonders gut hat mir jedoch die Smartphone-Anbindung gefallen. Apple CarPlay und Android Auto sind nämlich serienmäßig dabei. Ich selbst habe ein Smartphone mit Android Betriebssystem und der Android Auto-App. Wird das USB-Kabel eingesteckt, lassen sich Musik – z.B. über Spotify, WhatsApp-Nachrichten und Google-Maps-Navigation über das Display des Leaf steuern. Super praktisch! Wer seine Termine in Smartphone-Kalender gut pflegt, braucht sie nicht extra eintippen. Adressen werden übernommen und erscheinen ebenso im Display. Das Ganze funktioniert auch mit dem iPhone einwandfrei. Die Bedienoberfläche ist sogar noch besser gestaltet. Auch Sprachbefehle mit Siri funktionieren gut und machen die Bedienung leichter.

Konnektivität serienmäßig: per Apple CarPlay und Android Auto lassen sich ausgewählte Funktionen und Apps über das Fahrzeug und per Sprache steuern.

Von außen betrachtet, sind E-Autos bekanntermaßen weniger laut unterwegs. Damit es – zumindest im Auto – nicht zu ruhig wird, gibt es mit dem Soundsystem von BOSE ordentlich was auf die Ohren. Insgesamt sieben Lautsprecher sorgen für viel Freude beim Musikhören. Für ein schönes Klangbild benötigt die BOSE-Anlage auch einen zusätzlichen Verstärker, der im Kofferraum untergebracht ist.

Praktische Funktionen und Infos per App

NissanConnect App

Natürlich ist auch der Nissan Leaf online. Passend dazu gibt es die Nissan EV App. Neben dem aktuellen Ladezustand können auch Verbrauchswerte abgerufen und verglichen werden. Viele Auswertungen über die eigene Fahrweise und interessante Diagramme erleichtern das Verständnis für effizientes Fahren. Darüber hinaus können Steuerungsbefehle – wie die Fahrzeugklimatisierung, Licht und Hupe – ebenso über das Smartphone ausgeführt werden. gerade Licht und Hupe fernsteuern zu können ist besonders bei der Fahrzeugsuche im Parkhaus praktisch.

LED-Scheinwerfer – Must-have-Extra

LED-Scheinwerfer
LED-Scheinwerfer sorgen für eine gleichmäßige und helle Ausleuchtung.

Unabhängig von diesem Test hatte ich bereits vor einiger Zeit die Möglichkeit über einen Händler den Nissan Leaf in der niedrigeren Ausstattungslinie N-Connecta zu testen. Der deutlichste Unterschied zum jetzigen Testfahrzeug waren die Scheinwerfer. In der Basiskonfiguration gibt es hier nämlich nur Halogenscheinwerfer. Wer auf gute Sicht setzt, sollte sich auf jeden Fall das Upgrade zu dem LED-Scheinwerfern gönnen, die es ab der Ausstattungslinie Tekna gibt. Die gleichmäßige und klare Ausleuchtung und vor allem die bessere Leuchtkraft der Scheinwerfer machen die Fahrt im dunklen nicht nur angenehmer, sondern auch sicherer.

Antrieb und Fahrleistungen: Hohes Drehmoment für guten Durchzug

Ähnlich wie bei einem konventionellen Fahrzeug in dieser Fahrzeugklasse befindet sich der Motor beim Nissan Leaf unter der Fronthaube. Die Leistung beträgt 110 kW/150 PS. Die Leistungsdaten klingen schon mal ganz ok. Der Elektroantrieb auf der Vorderachse verfügt über nur eine Gangstufe – es geht kontinuierlich vorwärts und ähnlich wie beim Automatikgetriebe muss also nicht geschaltet werden. Wer das erste Mal in einem solchen Elektroauto fährt, wird überrascht sein, wie direkt und unverfälscht sich die Leistung in Vortrieb verwandelt. Das Drehmoment von 320 Newtonmetern liegt vom ersten Moment an und beschleunigt den Leaf mit einem kontinuierlichen Schub in sportlichen 7,9 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Bauchkribbeln inklusive! Für den Sommer 2019 hat Nissan eine weitere Variante mit 160 kW/217 PS, sowie einer höheren Reichweite angekündigt.

Reichweite, Verbrauch und Effizienz

Die Verbrauchswerte bei einem E-Auto werden in Kilowatt pro 100 Kilometer (kWh/100 km) angegeben und sind auch für mich noch recht ungewohnt. Der Nissan Leaf wird mit einem kombinierten WLTP-Durchschnittsverbrauch von 20,6 kW/h angegeben. Während des Testzeitraums von über 1.300 Kilometern konnte ich die Herstellerangaben unterbieten und erreichte laut Bordcomputer einen Wert von 15 kWh/100 km. Bei frostigen Temperaturen waren Reichweiten von etwa 220 Kilometern drin. Bei mildem Frühlingswetter sogar deutlich über 250 Kilometer.

Die Reichweite ist wohl für die meisten das wichtigste Entscheidungskriterien bei der Wahl eines Elektroautos. Wie weit man in der Realität kommt, hängt von vielen Kriterien ab. Ähnlich wie bei Fahrzeugen mit Benzin- oder Diesel-Motor reduziert sich bei winterlichen Temperaturen die Reichweite spürbar. Verbraucher wie die Heizung müssen versorgt werden und reduzieren die Reichweite – ebenso wie stark man beschleunigt und wie schnell man fährt. Die Reichweite hängt aber auch vom Einsatzgebiet ab. Hier unterscheidet sich das E-Auto von den konventionellen Modellen.

One-Pedal-Driving auf Knopfdruck

Wer ein Diesel- oder Benziner-Fahrzeug hauptsächlich im städtischen Kurzstreckenbetrieb und bei Stop-and-go-Verkehr nutzt, muss mit einem höheren Kraftstoffverbrauch rechnen. Hier kann das E-Auto punkten. Langsames Tempo hält seinen Energieverbrauch niedrig und durch Abbremsen rekuperiert der Akku – bedeutet, dass der Elektromotor im Schubbetrieb oder beim Verzögern als Generator arbeitet und elektrische Energie zurück in die Batterien leitet und zumindest ein bisschen die Reichweite erhöht. Beim Leaf ist die Funktion der Rekuperation über einen e-Pedal-Schalter in der Mittelkonsole geregelt. Fährt man vorausschauend, kann man mit dieser Funktion das Fahrzeug nur mit dem Gaspedal steuern. Das Beschleunigen funktioniert wie gehabt. Will man abbremsen, nimmt man einfach den Fuß vom Gaspedal und das Fahrzeug reduziert die Geschwindigkeit. Nach ein wenig Übung ist dann auch zielgenaues Anhalten an Kreuzungen und Ampeln möglich, ohne das Bremspedal zu benutzen. Die Stärke der Rekuperation lässt sich zudem noch erhöhen, wenn man den Fahrmodus B statt D wählt.

Wer das Fahren mit nur einem Pedal – dem sogenannten One-Pedal-Driving – nicht mag, kann die ePedal-Funktion über einen Schalter in der Mittelkonsole deaktivieren. Geht man währen der Fahrt mit dem Fuß vom Gaspedal, geht das Fahrzeug in den sogenannten Segelbetrieb – ähnlich, als würde man während der Fahrt in den Leerlauf schalten.

Wo kann man den Leaf laden?

Der Nissan Leaf kann, mit dem mitgelieferten Kabeln, sogar über jede gewöhnliche Haushaltssteckdose aufgeladen werden. Schneller geht es jedoch über eine Wallbox. Über Nacht ist der Akku dann wieder voll. Die beiden Ladeanschlüsse (CHAdeMO und Typ2) befinden sich übrigens unter einer Klappe an der Front des Fahrzeugs.

So viel kosten 100 Kilometer auf Strom:

Besonders interessant ist der Vergleich zwischen Strom- und Benzinkosten: Bei einem Verbrauch von 15 kWh betragen die Stromkosten für eine Strecke von 100 Kilometer (angenommener Strompreis: 29,99 ct / kWh) 4,49 Euro. Bei einem Pkw mit Verbrennungsmotor wären für dieselbe Strecke mit 9,10 Euro rund doppelt so viel fällig (bei einem angenommenen Verbrauch von 6,5 l/100km und einem Preis von 1,40 Euro pro Liter Benzin).

Unterwegs kostenlos laden

Aber auch unterwegs gibt es Möglichkeiten an Strom zu kommen. Einige Filialen der Einzelhandelsketten Lidl und Aldi-Süd bieten ihren Kunden die Nutzung ihrer Ladesäulen an und das sogar kostenlos. Kaufland verfügt sogar über Ladesäulen mit Schnellladefunktion. Während sich der Einkaufswagen füllt, lädt sich der Akku. Praktisch! Auch Langstrecken sind mit einem E-Auto zu meistern. Das Netz an Schnellladesäulen – auch auf Autobahnen – wächst stetig an. Planungs-Tools, wie der “Elektroauto Routenplaner” von GoingElectric helfen bei der Suche nach geeigneten Lademöglichkeiten.

Preise und Ausstattung

Nissan bietet den Leaf in fünf verschiedenen Ausstattungsvarianten an. Die Basisausstattung ZE1 ist bereits ab 36.800 Euro in Deutschland gelistet. Aufgrund der Förderfähigkeit von Elektroautos können vom Kaufpreis 4.000 Euro abgezogen werden. Die eine Hälfte wird vom Hersteller/Händler übernommen, die andere Hälfte bekommt man über eine Antragstellung bei der BAFA rückerstattet.

Serienmäßig sind bereits Extras wie Schnelladeanschluss, Wärmepumpe und adaptiver Geschwindigkeitsregler. Ebenfalls bereits in der Basisausstattung dabei ist ein Infotainment-System, welches eine erweiterte Smartphone-Integration über Apple CarPlay und Android Auto unterstützt. Ausgewählte Inhalte wie z.B. Musik-Streaming-Dienste oder Navigation über Google Maps können über das Fahrzeug abgerufen und gesteuert werden.

Die beiden niedrigeren Ausstattungslinien ZE1 und TEKNA OPTION verfügen über eine Batterie mit einer Kapazität 40 kWh. Die Reichweite liegt bei bis zu 270 Kilometern. Ein Upgrade in Sachen Reichweite gibt es ab dem Sommer 2019 in einer stärkeren Version, deren Batterie über eine Kapazität von 62 kWh verfügt. Wer eine Reichweite von bis zu 385 Kilometern haben möchte, muss mindestens 44.700 Euro investieren.

Testwagen: Nissan Leaf TEKNA 40 kWh

Unser Testfahrzeug hat die höchste Ausstattungslinie Tekna. Neben dem Grundpreis von 31.950 Euro kommen noch ein paar aufpreispflichtige Extras (Metallic-Lackierung 700 Euro und Einparkautomatik 1.200 Euro) hinzu. Der Preis unseres Testwagens beträgt somit 39.850 Euro. Dank der Förderung würde sich dieser Betrag noch um 4.000 Euro reduzieren. Im Serienumfang sind unter anderem Optionen wie 17 Zoll große Leichtmetallräder, LED-Scheinwerfer und ein Multimediasystem mit Navigationssystem, Smartphone-Integration und Rückfahrkamera enthalten. Besonders für E-Autos sinnvoll sind die beheizbaren Sitze vorne und sogar hinten, sowie dem Lenkrad. Für anspruchsvolle Ohren gibt es Sound aus einem Soundsystem von BOSE.

Lohnt sich die Anschaffung eines E-Autos?

Neben den Anschaffungskosten halten sich die weiteren Kosten auf einem niedrigen Level: Von der Kfz-Steuer sind Elektroautos wie der Leaf in den kommenden zehn Jahren befreit. Auch die Wartungskosten sind im Vergleich zu einem Fahrzeug mit konventionellem Antrieb niedriger, da der Aufwand geringer ist. Eine gute Orientierungshilfe für die Kaufentscheidung eines Elektrofahrzeugs bietet die Online-Kostenrechner vom Öko-Institut.

Fazit

Der Nissan Leaf macht es “Umsteigern” nicht schwer. Wer den Komfortbereich seines Verbrenners durch ein Ladekabel tauschen möchte, bewegt sich mit dem Nissan Leaf in Richtung Zukunft – ohne großen Verzicht. Gewohnte Komfort-Extras, gute Konnektivität und gefälliges Design. Das Gleiche gilt für die Reichweite, die für die meisten ausreichend sein wird. Und für alle die, die nicht ganz auf Elektromobilität setzen wollen und mehr als nur ein Auto im Haushalt haben, können es ja mal mit Zweitwagen probieren. Denn dafür eignet sich der Leaf allemal. Mir hat der E-Antrieb Freude gemacht! Das leise Fahren ist Entspannung pur und die Fahreigenschaften mit dem durchzugsstarken Antrieb machen Spaß.

Daniel Przygoda

Daniel Przygoda

Daniel Przygoda aus Dortmund ist im Automobilbereich als Projektingenieur und Journalist tätig. Sein beruflicher Background aus den Bereichen Forschung und Entwicklung bei verschiedenen OEMs sowie Dienstleistern mit fundiertem Fachwissen bringt er mit seiner Leidenschaft für Autos zusammen.

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