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Alltags-Check, Fahrbericht, Volvo

Sportliche Hybrid-Limousine im Alltagstest: Volvo S90 R-Design T8 Twin Engine

Sparsamkeit und Fahrspaß – passt das zusammen? Volvo möchte mit seiner Oberklasse-Limousine einen kleinen Schritt in Richtung Elektromobilität gehen und anspruchsvollen Kunden mit einer Hybrid-Version eine Alternative zum Diesel bieten. Leise, effizient und gar nicht mal so langsam: Wir testen die 303 PS-starken Plug-In-Hybrid Volvo S90 im Alltag.

Plug-in-Hybrid – Schritt in Richtung Elektromobilität

Dieselantriebe sind aufgrund der gegenwärtigen Abgasproblematik zunehmend in die Kritik geraten. Kunden sind verunsichert und so sinkt auch die Nachfrage auf dem Automobilmarkt. Ist der Weg also frei für die Elektromobilität? So einfach scheint es nicht zu sein! Es mag auch an der geringen Auswahl liegen, denn außer Tesla bietet derzeit noch kein Autohersteller ein rein elektrisches Oberklassemodell an. Auch ist vielen Autofahrern der radikale Wechsel auf eine andere Antriebsform zu heikel und mit Umgewöhnung verbunden: Wie weit komme ich? Wo kann ich laden? Und wie lange dauert das? – Der Wechsel von Zapf- zur Ladesäule ist halt nicht einfach. Weniger Risiko bei hoher Flexibilität bietet ein Hybridantrieb. Mit dem Volvo S90 Twin Engine bietet der Premium-Hersteller eine Plug-in-Hybrid-Version in einer Oberklasse-Limousine an. Beim Volvo S90 handelt es sich um ein Fahrzeug mit einem konventionellen Benzinmotor mit einem 50 Liter fassenden Tank, der durch einen Elektroantrieb ergänzt wird. Beide Antriebsformen lassen sich separat voneinander oder gemeinsam betreiben. Reichweitenangst braucht man hier also keinesfalls haben. Die verbaute Batterie ermöglicht rein elektrisches Fahren nach NEFZ bis zu 47 Kilometern. Aufgeladen wird durch Rekuperation, also Energierückgewinnung. Verzögert das Fahrzeug beim Bremsen oder im Schubbetrieb, wandelt der Elektromotor die so entstehende Energie um und führt sie in die Batterien zurück. Diese gewonnene Energie wird dann beim Anfahren genutzt werden. Der Elektromotor wird in diesem Fahrzustand zu einem Generator.

Volvo mit gleich zwei Tankdeckeln!

Zusätzlich verbirgt sich nämlich vorne links im Kotflügel eine weitere Klappe, mit der die Batterie geladen werden kann. Diese verfügt über eine Kapazität von 10,4 Kilowatt-Stunden. Per Ladekabel kann über jede handelsübliche Steckdose aber auch an Ladesäulen aufgeladen werden. Rein elektrisch sin in der Praxis gute 30 Kilometer drin. Wessen Pendelstrecken sich in diesem Radius bewegen, kann also rein elektrisch unterwegs sein – Lademöglichkeit vorausgesetzt. Apropos Lademöglichkeit: Eigentlich keine komplizierte Sache, denn es genügt eigentlich schon eine handelsübliche Haushaltssteckdose. Über die 230 Volt sind die Batterien innerhalb von vier Stunden aufgeladen. Schneller geht es über eine Wallbox mit Typ-2-Stecker.

Wer wie ich aber über keine eigene Lademöglichkeit verfügt, für den gibt es die Möglichkeit an den öffentlichen Ladesäulen aufzuladen. Es gibt sogar ein paar Möglichkeiten sein Fahrzeug kostenlos zu laden. Einzelhandelsketten wie Aldi, Lidl und Kaufland bieten Ihren Kunden die Möglichkeit der kostenlosen Nutzung ihrer Ladesäulen an. Und auch wer beim schwedischen Möbelhaus vorbeischaut, darf sich über eine volle Akkuladung freuen.

Fahrprogramme – von effizient bis sportlich

Über eine Drehwalze in der Mittelkonsole lassen sich verschiedene Fahrprogramme auswählen – z.B. AWD (Allrad), oder Pure (rein elektrisch). Wechselt man in Power, zeigt sich der sonst ruhige Fahrcharakter von einer ganz anderen Seite. Das Gaspedal reagiert deutlich sensibler und die Gänge werden höher ausgedreht. Der Verbrennungsmotor wird durch den E-Antrieb unterstützt, so dass satte 390 Pferdestärken an den vier Rädern ankommen. Jede Menge Power für jede Menge Spaß!

Im Alltag kommt man in den meisten Situationen mit viel weniger Leistung aus. Daher ist das Programm Hybrid nach dem Fahrzeugstart vorgewählt. Das Fahren wird hier zu einer besonders entspannten und vor allem effizienten Angelegenheit. Die für einen Verbrennungsmotor Verbrauchsintensiven Fahrsituationen, wie das Anfahren, übernimmt der E-Antrieb und hält so in Summe den Kraftstoffverbrauch niedrig. Unser Durchschnittsverbrauch pendelte sich bei etwa 7 Litern Super Benzin ein. Ein vorbildlicher Wert für einen solch kräftigen Benziner in dieser Fahrzeuggröße. Es ist aber auch möglich den Volvo rein elektrisch zu bewegen. In wieweit man die elektrische Leistung nutzen möchte oder diese für einen späteren Zeitpunkt aufheben möchte, kann man über das Fahrzeugmenü vorwählen.

Entscheidet man sich für den bivalenten Antrieb, zahlt man zunächst einen höheren Einstiegspreis. Darüber hinaus gibt es nur maginale Einschränkungen, wie beispielsweise kleinere Staufächer in der Mittelkonsole und der leicht erhöhte Mitteltunnel in der zweiten Sitzreihe. In der Fahrzeugmitte befinden sich nämlich die Komponenten des E-Antriebs. An dieser Stelle nehmen die Batteriezellen am wenigsten Platz weg. Zudem liegen sie fahrdynamisch günstig platziert.

Fahreindruck

So fährt sich die große Limousine trotz ihres vergleichbar hohen Fahrzeuggewichts von knapp 2 Tonnen sehr agil und sportlich. Der tief liegende und zentrale Schwerpunkt sowie der Allradantrieb sorgen für ein ausgewogenes und sicheres Fahrgefühl und eine gute Straßenlage. Im Grenzbereich neigt der Volvo leicht zum untersteuern. Kurvige Landstraßen bringen durch die exakte Lenkung viel Fahrfreude. Passend dazu ist das Fahrwerk etwas straffer aber keinesfalls unkomfortabel ausgelegt. Das 8-stufige Automatikgetriebe schaltet unterbrechungsfrei und bringt die Leistung gut auf die Straße.

Sportlederlenkrad
Tachonadel war gestern: Digitales Cockpit holt relevante Infos in das Sichtfeld des Fahrers.

Preise und Antriebe

Preise für Benziner und Hybrid

Bei den Benzinantrieben startet die größte Limousine bei Volvo preislich bei 45.200 Euro in der niedrigsten Ausstattungslinie Momentum mit der frontangetriebenen 140 kW (190 PS) starken Einstiegsmotorisierung T4. Darüber platziert sind der ebenfalls frontgetriebene T5 mit 184 kW (250 PS) und der allradgetriebene T6 mit 228 kW (310 PS).

Der Hybridantrieb ist ausschließlich in den höheren Ausstattungslinien vorbehalten und kostet mindestens 71.050 Euro. Mit den in unseren verbauten Extras kommt man auf einen Listenpreis von 87.670 Euro.

Preise für Diesel

Bei den Dieselantrieben gibt es die Fronttriebler D3 und D4 mit 110 kW (150 PS) bzw. 140 kW (190 PS) und den allradangetriebenen D5 mit 173 kW (235 PS). Alle angebotenen Motorisierungen verfügen über die Schadstoffeinstufung Euro 6d-TEMP.

R-Design – die sportliche Ausstattungslinie

Die Ausstattungslinie R-Design hebt besonders die sportlichen Seiten eines Volvos hervor. Die Unterscheidungsmerkmale sind ausschließlich optisch. Außen gibt es – wie bei unserem Testwagen – 19 Zoll große Leichtmetallräder (optional 20 Zoll), sportlich designte Front- und Heckstoßfänger. Die blaue Lackierung Brusting Blue Metallic mit dem farblich abgesetzten Außenspiegel gibt es ebenfalls nur im R-Design. Üppige Zierelemente aus echtem Karbon bringen echtes Motorsport-Flair ins Auto. Ein dunkler Dachhimmel und Applikationen am Sportlenkrad mit den silberfarbenen Schaltwippen runden das sportliche Interieur ab. Der gläserne Automatikwahlhebel in der Mittelkonsole wirkt hingegen sehr edel. Besonders eindrucksvoll kommt das von innen beleuchtetem Kristallglas aus der schwedischen Manufaktur Orrefors bei Dunkelheit zur Geltung.

Sicherheit

5 Sterne beim Euro-NCAP Crashtest
Volvo ist vor allem für sichere Autos bekannt. Fünf Sterne beim Euro-NCAP Crashtest sind da für den S90 selbstverständlich – genau wie die zahlreichen serienmäßigen Assistenzsysteme.

Dass auch der Volvo S90 fünf Sterne im Euro-NCAP erhielt, ist eigentlich nicht erwähnenswert. Es zählt immer noch als selbstverständlich, dass Fahrzeuge der Marke Volvo mit voller Punktzahl bei diesem renommierten Sicherheitstest abschließen. Eine große Anzahl an verschiedenster Fahrerassistenzsystemen dient nicht nur höherem Komfort, sondern versucht Unfälle zu verhindern oder deren Folgen abzuschwächen.

Volvo ist vor allem für sichere Autos bekannt. Fünf Sterne beim Euro-NCAP Crashtest sind da für den S90 selbstverständlich – genau wie die zahlreichen serienmäßigen Assistenzsysteme.

Volvo Safety Lexikon

Ausführliche Informationen über die Funktionsweisen der einzelnen Sicherheitssysteme gibt hier:

Karosserie, Innenraum und Variabilität

Sportlich elegante Limousine

Der Volvo S90 ist die größte Limousine aus dem Hause Volvo. Europa aber ganz speziell Deutschland sind nicht unbedingt die klassischen Märkte für Limousinen. Bei uns sind praktische Kombis gefragt. Wohl auch ein Grund, weshalb Volvo dieses Modell in seinem Werk in China bauen lässt. Gerade das Segment der klassischen Limousinen mit reichlich Platz und Luxus ist dort besonders beliebt. Davon bietet der Volvo S90 mehr als genug. Dennoch wirkt die stattliche Karosserie mit einer Gesamtlänge von fast 5 Metern keinesfalls altbacken. Das flache Design mit dem Fließheck verschafft den Luxusliner einen sportlich-eleganten Auftritt. Klare sachliche Linien, ohne viel Schnörkel sind typisch für Volvo.

Hochwertiger Innenraum mit viel Platz

Linear Walnut
Hochwertiges Echtholz-Dekor „Linear Walnut“.

Schlichte Eleganz erwartet einen auch im Inneren, der mit hochwertigen Materialien ausgekleidet ist. Das weiche Leder der Sitzbezüge und das gelederte Armaturenbrett mit Kontrastnähten schmeicheln nicht nur dem Auge. Alles fühlt sich angenehm an und strahlt Qualität aus, ohne Protzig zu wirken. Ob die optionalen Dekorelemente aus Sichtkarbon (+750 Euro) in eine Limousine passen oder nicht, ist Geschmackssache. Serienmäßig ziert Aluminium Armaturenbrett und Türtafeln beim R-Design. Edle Echtholzeinlagen „Linear Walnut“ ist in den anderen Ausstattungslinien verfügbar.

Die Platzverhältnisse fallen wie in der Fahrzeugklasse üppig aus, Auf der hinteren Sitzreihe gibt es auch für großgewachsene viel Beinfreiheit. Wohingegen es für Riesen in Kopfhöhe weniger Luft nach oben gibt, was der sportlichen Karosserie zu schulden ist.

Kofferraum

Der Heckdeckel öffnet und schließt elektrisch: Per Knopfdruck oder wenn die Hände mal nicht frei sein sollten auch per Fußschwenk unterhalb der Heckstoßstange. Der Ausschnitt der Ladeluke zum Beladen ist angenehm breit, trotzdem muss man bei sperrigen Gepäckstücken bei der Höhe ein wenig aufpassen. In Zahlen ausgedrückt stehen in der Limousine 500 Liter Ladevolumen zur Verfügung. Durch Umklappen der im Verhältnis 1/3 zu 2/3 können auch längere Gegenstände mitgenommen werden. Selbst mein Mountainbike hat es ohne demontieren rein geschafft. Noch mehr Platz und eine höhere Variabilität gibt es in der Kombi-Version Volvo V90. Bei fast identischer Außenlänge (S90: 4,96 m, V90: 4,94 m) können dort zwischen 560 und 1.526 Liter Laderaum genutzt werden – auch bei der Twin-Engine-Variante.

Soundsystem von Harman/Kardon

Bisher beeindruckten die 90er-Modell mit einer Audio-Anlage von Bowers & Wilkins. Die optionale Soundanlage mit 19 Lautsprechern, die zusammen über eine Leistung von 1.400 Watt verfügen, richtet sich an besonders anspruchsvolle Kunden und zählt zu einer der besten werksseitig verfügbaren Systeme. Dieser Luxus für die Sinne kostet einen Aufschlag von satten 3.570 Euro.

Seit kurzer Zeit bietet Volvo als Alternative zwischen der Serien- und der High-End-Version an. Die Soundanlage von Harman/Kardon kostet lediglich einen Aufpreis von 930 Euro. Die 14 Lautsprecher mit zusammen 600 Watt bieten ein ordentliches Klangbild und guten Sound.

Fazit

Umgewöhnung ist oft mühsam. Die Elektromobilität kommt im Autosektor nur langsam in die Gänge. Volvo zeigt mit dem S90 Twin Engine, dass es auch anders geht. Der Bivalente Antrieb unkompliziert, komfortabel und bietet dank der gut abgestimmten Leistung reichlich Spaß. Trotz seiner Größe ist der Volvo S90 ein sehr fahraktives und sportliches Auto. Dank umfangreicher und sehr verlässlicher Sicherheitstechnik kann man sich auch bei dichtem Verkehrstreiben stressfrei und vor allem effizient bewegen. Der Twin Engine geht also einen sportlichen Schritt in Richtung Elektromobilität, der auch noch Spaß macht.

Daniel Przygoda

Daniel Przygoda

Daniel Przygoda aus Dortmund ist im Automobilbereich als Projektingenieur und Journalist tätig. Sein beruflicher Background aus den Bereichen Forschung und Entwicklung bei verschiedenen OEMs sowie Dienstleistern mit fundiertem Fachwissen bringt er mit seiner Leidenschaft für Autos zusammen.

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